Blog 12: Tagträumer im Testzentrum

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# Pilgerblog

Blog 12: Tagträumer im Testzentrum

Da sitze ich wieder auf dem weißen Plastikstuhl in dem Pavillonzelt, das ursprünglich für Feste und Partys geplant war, und starre auf die weiße Wand aus Zeltstoff vor mir. Mittlerweile ist der regelmäßige Gang zum Corona-Testzentrum zur Routine geworden. Und einige Mitarbeiter*innen der Teststation begrüßen mich fast schon so, als sei ich ein alter Bekannter. 

Keine Frage; ich bin sehr froh, dass es die vielen Möglichkeiten der Testung in meiner Stadt gibt. Und den Menschen, die hier arbeiten, kann ich nur meinen tiefen Respekt zollen. Sie lassen sich nicht unterkriegen, sind stets freundlich und wirken gut gelaunt. Dazu trägt sicher auch die Musik bei, die aus der Box kommt und eher zum ursprünglichen Zweck des Zelts passt. Von Party ist jedoch weit und breit nichts zu spüren und ich weiß, dass es nicht lange dauern wird, bis mir ein weiteres Mal das Stäbchen in die Nase geschoben wird.

Ich warte auf meinen Test und starre dabei weiter auf die weiße Wand direkt gegenüber. Nach ein paar Sekunden beginne ich „tagzuträumen“. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber für mich ist der Begriff Tagträumer eher negativ besetzt. Ich verbinde mit diesem Wort Begriffe wie „naiv“ und „langsam“. Wie ein Träumer eben, der seinen Gedanken hinterherhängt und sein Leben nicht richtig in den Griff bekommt.

Und während sich vor meinem Auge die weiße Plastikwand in eine Wiese mit blühenden Obstbäumen verwandelt, auf der ich spazieren gehe, verlasse ich ganz langsam das Hier und Jetzt. Ich bemerke, dass sich mein Herz an diesem gedanklichen Spaziergang auf der Obstwiese erfreut und habe das Gefühl, dass es ein ganz kleines Stück leichter schlägt. Das tut gut und die Fantasie bereitet Freude. Das Schöne an so einen Tagtraum ist ja auch, dass wir unsere Gedanken und Wünsche steuern und beeinflussen können anders als bei einem nächtlichen Alptraum.

Der Tagtraum wird sogar als eine Form der Trance verstanden. Bei Tagträumen wendet sich die Aufmerksamkeit von der Umwelt ab und konzentriert sich ganz auf die innere Welt und die individuellen Wünsche des Menschen. Das kann sehr entspannend und wohltuend sein. Besonders Kinder haben das Talent, das Hier und Jetzt zu verlassen und in eine imaginäre Welt einzutauchen, in der sich alles ganz nach ihrer eigenen Fantasie verwandelt. Bewundernswert, oder? Also ist es gar nicht so schlecht, als Tagräumer durchs Leben zu gehen? Vielleicht sollte ich meine Einstellung doch überdenken oder zumindest relativieren.

Mir wird jedenfalls bewusst, dass wir die Fähigkeit des Tagträumens nicht unterdrücken oder vernachlässigen sollten. Solche Tagträume können uns für kurze Zeit vom Alltag ablenken und uns dabei helfen, Glück und Freude zu empfinden. Gerade jetzt, da wir auf so viele Dinge verzichten müssen. Manchmal kommen mir durch diese Fantasien auch Dinge in den Kopf, die ich anschließend versuche, zu verwirklichen. Wie zum Beispiel den Spaziergang auf der Wiese mit den blühenden Obstbäumen. Also, lassen Sie uns unsere Tagträume „leben“ und bewusst zu Tagträumern werden!

Und während ich das Picknick unter dem blühenden Kirschbaum auspacke, breitet sich ein kleines Lächeln auf meinen Lippen aus. Schon kommt schon der freundliche Mensch mit dem Teststäbchen in der Hand. „Los geht’s“ sagt er zu mir. „Los geht’s“ antworte ich und beschließe dabei, meinen Wiesentagtraum so schnell wie möglich wahr werden zu lassen.

Wo kann man schöner ein Picknick unter Obstbäumen machen als in Werder an der Havel? Die weitläufigen Plantagen und Wiesen laden zu Spaziergängen und einer Rast ein, besonders jetzt zur Obstblüte! Mit dem RE 1 fahren Sie von Berlin zum Bahnhof Werder und dann weiter im BUS 641 bis „Glindow Kirche“. Das dauert vom Charlottenburger Bahnhof gerade einmal 44 Minuten. Und am „Fuchsberg bei Glindow“ können Sie auch noch etwas über die optische Telegrafie erfahren, sehr empfehlenswert!

Viel Spaß dabei wünscht Ihnen

Stefan Lemke


Stefan Lemke ist Diakon und Fachberater für die Arbeit mit Senior*innen in der Evangelischen Kirche in Charlottenburg- Wilmersdorf. Seine Freizeit verbringt er gern mit und in der Natur. Einmal monatlich bietet er eine Pilgertour im Berliner Umland an. In seinem wöchentlichen Blog schreibt er über Gedanken auf dem Weg.

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