Blog 5: Wir wir vom Nicht-lassen-Können loslassen

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# Pilgerblog

Blog 5: Wir wir vom Nicht-lassen-Können loslassen

Wir alle kennen das: Ein Umbruch im Leben kündigt sich an. Dafür gibt es viele Beispiele: eine Trennung, der Umzug, ein neuer Job, eine Geburt oder der Verlust eines Menschen. Diese Liste lässt sich beliebig weiterführen und durch individuelle, persönliche Erlebnisse auffüllen. Zu unserem Leben gehören Übergänge, mit denen wir die nächste Lebensphase erreichen. Alles im Leben fließt, und dieser Fluss beinhaltet häufig auch einen Wandel.

Oft steht der Wandel in Verbindung mit dem Loslassen von Gewohnheiten. Ich kenne einige Menschen, die sich mit Loslassen und Neuerungen recht schwertun, weil sie lieber auf das Gewohnte zurückgreifen. Ich kann das verstehen, denn es vermittelt Sicherheit und Orientierung. 

Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die sagen, dass wir uns mit jedem einzelnen Loslassen weiterentwickeln. So fällt uns das Loslassen von Mal zu Mal etwas leichter. Wenn wir lernen, bewusst und im eigenen, inneren Frieden loszulassen, trägt das zu einer Entwicklung der persönlichen Reife bei und es entsteht das, was man Lebensweisheit nennt. 

Von Wandel und Veränderung im Leben können wir alle berichten. Je älter wir werden, je länger wir gehen, desto mehr Menschen lernen wir kennen. Viele sind dabei, die uns wichtig geworden sind, die uns ans Herz wuchsen. Wir begegnen Menschen auf unserem (Lebens-) Weg und gehen mit Ihnen. Manche begleiten uns vielleicht nur ein kurzes Stück, einige aber bleiben bis zum Ende unseres Weges an unserer Seite. Von anderen mussten wir uns zwischenzeitlich wieder verabschieden, weil sie langsamer oder schneller als wir liefen.

Diese Metapher gefällt mir sehr gut, weil wir alle es in unserem Leben erfahren haben. So wie sich der Weg auf einer langen Wanderung verändert,  verändert sich auch unser Leben und unsere Begleitung. Mal geht es dabei durch schöne Landschaften, auf leichten Wegen. Dann wechselt der Weg wieder in karge und triste Gegenden, mit steilen und nicht enden wollenden Aufstiegen, bei denen kein Ziel in Sichtweite ist.

Einige von Ihnen kennen vielleicht die Geschichte aus Indien, die davon berichtet, wie man einen Affen einfangen kann. Dazu soll ein faustgroßes Loch in eine Kokosnuss geschlagen werden. Die Frucht gilt als Köder und wird in einen Käfig gelegt. 

Der Affe steckt seine Hand in den Käfig und in das Loch der Kokosnuss. Dabei macht er eine Faust, um das Fruchtfleisch zu greifen und herauszuholen. Dummerweise ist das Loch jedoch so klein, dass er die Faust nicht mehr aus der Kokosnuss herausbekommt. Und mit der Kokosnuss an der Hand kommt er nicht mehr durch die Gitterstäbe des Käfigs, da die Öffnung zu klein ist.

Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: Der Affe müsste seine Hand öffnen und das Futter loslassen, um seine Hand wieder aus der Kokosnuss und damit aus dem Käfig freizubekommen. Das möchte er natürlich nicht, da es bedeuten würde, dass leckere Fruchtfleisch wieder aus der Hand zu geben. Und so bleibt er gefangen und hungrig. Denn er versteht nicht, dass das Loslassen der Kokosnuss seine einzige Chance ist, um seine Freiheit wieder zu erlangen und zu überleben.

Von außen betrachtet scheint es ganz einfach und vollkommen logisch zu sein. Man möchte meinen, dass der Affe nicht schlau genug ist, um selbst auf die Lösung seines Problems zu kommen. Aber wenn wir uns etwas Zeit nehmen und genauer darüber nachdenken, fallen uns vielleicht auch Geschichten ein, bei denen wir uns „zum Affen“ gemacht haben. Wir haben überlegt, uns angestrengt, Verletzungen ertragen und gekämpft und blieben doch gefangen. Dabei hätten wir nur loslassen müssen, um uns zu befreien. Das zu verstehen und umzusetzen sind jedoch zwei Schritte, und die können so unheimlich schwer sein.

  • Wie ist es bei Ihnen: Können Sie gut loslassen? Auch von materiellen Dingen?
  • Was würden Sie gern los- bzw. hinter sich lassen?
  • Warum konnten Sie es noch nicht loslassen und was braucht es dazu?
  • Glauben Sie, dass wir uns mit jedem bewussten Loslassen auch weiterentwickeln?

Das Wetter in Berlin soll in den nächsten Tagen zwar kalt, aber trocken werden. Ich lade Sie ein, mit den vier Fragen einen Spaziergang zu machen. Vielleicht im Schlossgarten Charlottenburg. Schauen Sie doch mal, ob die Frühlingsbepflanzung schon gesetzt wurde. Vielleicht lässt sich die Sonne ja auch mal kurz blicken. Genießen Sie den Moment.

Alles Guten wünscht Ihnen

Ihr Stefan Lemke


Stefan Lemke ist Diakon und Fachberater für die Arbeit mit Senior*innen in der Evangelischen Kirche in Charlottenburg- Wilmersdorf. Seine Freizeit verbringt er gern mit und in der Natur. Einmal monatlich bietet er eine Pilgertour im Berliner Umland an. In seinem wöchentlichen Blog schreibt er über Gedanken auf dem Weg.

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